Montag, 4. Mai 2009
Bericht von Rainer Zendron

liebe kollegInnen, liebe studierende, liebe freundInnen,

viele von euch werden im laufe des wochenendes über bekannte, die
presse oder das fernsehen mitbekommen haben, dass ich im zuge der
maidemonstrationen in linz von der polizei inhaftiert wurde und mich
ein prozess wegen widerstand gegen die staatsgewalt erwartet.

deshalb eine kurze darstellung aus meiner sicht:
ich beobachte jetzt seit etwa 45 jahren die maidemonstrationen in
linz, weil ich den forderungen der arbeiterInnenbewegung um
erweiterung demokratischer wie ökonomischer rechte und für
internationale solidarität grosses interesse und sympathie entgegen
bringe. persönlich habe ich nie an einem maiaufmarsch der SPÖ? oder KPÖ?
teilgenommen, da ich mich - zu meinem bedauern - mit keinem deren
programme vollinhaltlich identifizieren konnte.
ich beobachtete auch heuer mit einer gruppe von freundInnen die
maidemonstrationen am hauptplatz. nachdem um 11:30 der KPÖ?-zug den
hauptplatz noch immer nicht erreicht hatte und wir geplant hatten, den
nachmittag in der solarcity beim 09 projekt zu verbringen ging ich die
landstrasse entlang, um zu schauen, wo deren demonstrationszug
geblieben sei.
als ich an der goethekreuzung angekommen war, fuhr mir ein schreck
durch die glieder, da ich auf der blumau ein riesiges polizeiaufgebot
sah; ich befürchtete, dass neofaschisten, die kleine gruppe der KPÖ?
demonstratInnen überfallen hätten. (im internet wie ihr vielleicht
wisst - hatten die rechtsradikale aufgerufen, anlässlich des
kulturhauptstadtjahres einen gesamtdeutschen aufmarsch in linz
durchzuführen).
als ich jedoch bei der blumau eintraf, musste ich erkennen, dass die
polizei den abmarsch der demonstration verhinderte. etwa 30 friedlich
sitzende jugendliche wurden von etwa 50 stehenden polizisten umringt,
die älteren demonstrationsteilnehmerInnen standen empört und aufgeregt
herum. um mich über die lage zu informieren, fragte ich einen
polizisten, warum die demonstration nicht stattfinden würde. er
antwortete mir, weil die demonstrantInnen vermummt seien. da ich
jedoch keineN einzigeN vermummteN demonstrantIn wahrnehmen konnte,
fragte ich nach. darauf bekam ich keine weiter antwort, da ja
tatsächlich keine zu sehen waren. daraufhin fragte ich eine, der
nicht-eingekesselten demonstrantInnen. sie sagte mir, dass die polizei
von allen jugendlicheren demonstratInnen verlangen würde, dass diese,
um am maiumzug teilnehmen zu dürfen, sich zuerst fotografieren lassen
und ihren personaldaten abgeben müssten.
dies widerspricht meiner auffassung nach gröblichst sowohl den
menschenrechten als auch der österreichischen verfassung.
während ich noch versuchte mir einen überblick über die lage zu
verschaffen, sah ich, dass die größere gruppe von polizistInnen mit
massiver staatsgewalt begann ein mädchen aus der reihe der sitzenden,
eingekesselten jugendlichen herauszuzerren. ich lief ein paar schritte
hin, um zwischen demonstratInnen und polizei zu vermitteln und
unnötige polizeigewalt zu verhindern. doch bevor ich dort
angekommen war, wurde ich von polizistInnen zu boden gestossen und von
weiteren, herbeistürmenden polizisten umringt. ich war geschockt und
rollte mich am boden liegend zusammen, um kopf und körper möglichst
vor schlägen mit den polizeiknüppeln zu schützen.
die polizistInnen legten mir am rücken handschellen an und trugen
mich zum arrestantInnenwagen. ich wurde ins polizeihauptquartier
verbracht. bis zu meiner freilassung - um etwa 20:00 uhr - saß ich in
einer einzelzelle. mir wurden fingerabdrücke, abdrücke der handballen
und DNA-proben abgefordert, ausserdem wurden drogentests durchgeführt
und polizeifotos angefertigt.
ich kann keine gesamteinschätzung der vorgänge abgeben, da ich etwa 5
minuten, nachdem ich auf der blumau eingetroffen war, bereits
verhaftet wurde. ausser mir wurden vermutlich 6 weiter personen
festgenommen.
ich hatte vor meiner verhaftung keinen polizisten beschimpft. kein
polizist hatte mich vor meiner verhaftung zu irgend etwas aufgefordert
oder an mich auch nur ein wort gerichtet. ich hatte keinen polizisten
angegriffen. durch die grosse aufregung hatte ich auch keinerlei
schläge seitens der polizei wahrgenommen. erst nachdem ich am
nächsten tag auf videos meiner verhaftung gesehen hatte, dass ich
offensichtlich mit gummiknüppeln geschlagen worden war, betrachtete
ich meinen körper im spiegel und konnte einige blaue flecken
sehen.
ich bin über den polizeieinsatz gegen den traditionellen, vorerst
friedlichen maiaufmarsch sehr empört. zugleich bin ich - bei gegebener
lage - jedoch froh, dass ich unter den verhafteten war, da so der
polizeieinsatz eine große öffentlichkeit bekommen hat; hätte es nur
ein paar arbeitslose jugendliche getroffen, gäbe es leider vermutlich
keine öffentliche debatte darüber.
mein grossvater, ein arbeiter der ÖBB, wurde 1934 auch beim versuch
verhaftet, eine maidemonstration in linz durchzuführen. die zeit bis
1945 bezeichnen wir heute als faschismus. nach 1945 wurde meines
wissens kein maiaufmarsch der arbeiterInnenbewegung in linz von der
polizei angegriffen oder verhindert. heute leben wir sicherlich in
keinem faschistischen land; zum glück möge es so bleiben. doch
offensichtlich müssen demonstrationsfreiheit und andere menschenrechte
auch aktuell verteidigt werden.

zu meiner lage musste ich mir übers wochenende auch so einiges
überlegen:
ich bin zufrieden, es geht mir sehr gut und ich fühle mich völlig
unschuldig, denn zivilcourage wird allerorts und von allen parteien
beständig gefordert.
trotzdem bin ich mir sicher, dass das große medienecho (über welches
ich glücklich bin) bei stetiger nennung meiner funktion in der
kunstuniversität linz in anbetracht der aktuell bedrohlichen
finanziellen lage, für die kommenden finanzierungsverhandlungen
unserer universität schädlich ist; nicht zuletzt deshalb, weil sich
bereits heute führungspersönlichkeiten der ÖVP sehr deutlich hinter
den polizeieinsatz gestellt haben. mein kommendes gerichtsverfahren,
wird aller voraussicht nach, im herbst parallel zu den
leistungsverhandlungen mit minister hahn laufen.
deshalb steht meine entscheidung, die ich allein und ohne absprache
oder gar druck von irgend einer seite beschlossen habe, fest: ich
werde mein amt als vizerektor mit beginn des WS zurücklegen und mich
karrenzieren lassen.

es freut mich sehr, dass ich bereits im laufe des wochenendes von
mehr als hundert kollegInnen solidaritätsanrufe, sms`s und mails
bekommen habe, weil es persönlich einfach gut tut, zu wissen, dass
sehr viele von euch hinter mir und meinen aktivitäten stehen.

liebe grüsse und vielen dank für eure hilfe ;-)))

rainer

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Bündnis gegen Polizeigewalt

Hat sich bereits spontan gebildet. Unterstützungserklärungen an
gegenpolizeigewalt@servus.at

Presseerklärung, Linz am 3. Mai 2009

Gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit

Utl: Bündnis gegen Polizeigewalt verurteilt den unverhältnismäßigen
Polizeieinsatz am 1.Mai

Mit Bestürzung und Fassungslosigkeit haben wir am 1. Mai 2009 zur
Kenntnis nehmen müssen, dass die von den Behörden genehmigte
alternative Maidemonstration von der Linzer Polizei verhindert und
zerschlagen worden ist.

Das Demonstrationsrecht ist ein Verfassungsrecht und ein wesentlicher
Eckpfeiler unserer Demokratie. Ein Verstoß gegen dass
Vermummungsverbot, also eine Verwaltungsübertretung, löste laut
Polizei ein Einschreiten aus. Allerdings ist wie auf zahlreichen Fotos
und Videos zweifelsfrei festgestellt werden kann, von Beginn bis zum
Ende der Einkesselung keine vermummte Person zu sehen. Warum die
Exekutive nach wie vor das Gegenteil behauptet, ist uns ein Rätsel.
Und selbst wenn anfangs vereinzelt Menschen vermummt gewesen wären
kann dies ein so hartes Einschreiten - auch gegen jene, die schlichten
wollten - nicht rechtfertigen.

Die Grundstimmung im antifaschistischen Block war, wie zahlreiche
ZeugInnenaussagen bestätigen, friedlich und entspannt. Die Demo wäre
wie jedes Jahr abgelaufen, noch nie gab es Probleme. Warum die Polizei
von einem noch nie dagewesenen Gefahrenpotential spricht, ist völlig
unverständlich.

Die darauffolgende Eskalation - Schlagstock- und Pfeffersprayattacken
seitens der Polizei - war ebenso wie die brutalen Verhaftungen
unprovoziert und völlig überzogen. Die auf ORF-Filmmaterial
festgehaltene Misshandlung des Vizerektors der Linzer Kunstuniversität
Rainer Zendron ist nur ein Beispiel für das skandalöse Vorgehen der
Polizei. Noch wesentlich brutaler wurden andere Verhaftete
misshandelt. Das ORF-Video zeigt wie ein Polizist mehr als ein Dutzend
Mal auf einen Demonstranten einprügelt. Der Betroffene musste
daraufhin im AKH versorgt werden.

Dies alles passierte während Neonazis – die Hand zum Gruß erhoben –
weitgehend ungehindert durch die Stadt spazierten und neben der
alternativen 1. Mai- Demo auch ein Grillfest der Kinderfreunde auf dem
Pfarrplatz störten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht
nachvollziehbar, ob der Eskalation von Seiten der Exekutive eine
Überforderung der Einsatzleitung vor Ort oder eine bewusste Zuspitzung
der Situation zu Grunde liegt.

Wir begrüßen ausdrücklich die von Sicherheitsdirektor Lißl
angekündigte Untersuchung und sind zuversichtlich, dass die Analyse
unterschiedlichster Quellen zeigt, worin die Ursache der Ereignisse
vom 1. Mai liegt. Die Geschehnisse vom 1. Mai sind nicht nur
demokratiepolitisch höchst alarmierend, sie konterkarieren auch die
Bemühungen der Stadt Linz, sich als offene Kulturstadt zu präsentieren.

Wir fordern die lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes, die
sofortige Einstellung der Verfahren und die Rückkehr zu demokratischen
Spielregeln und Demonstrationsfreiheit.

Das Bündnis gegen Polizeigewalt hat sich spontan gegründet und wird
bereits von 70 Organisationen und mehr als 50 Einzelpersonen
mitgetragen.

Rückfragehinweis: Vanessa Gaigg 0650 / 27 28 398

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http://www.stwst.at/index.php?m=1&sm=&projectId=157

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ah sorry der text ist
ein kommentar zum video
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ähm... von wo kommt der
text da oben?
by kritzikratzi (23.10.11, 21:11)
mmmh.. "HR
for MARRIOTT Hotel Chains. My name is Bill "The Croc" Hunter. I...
by hyperactive (19.10.11, 12:01)

by hyperactive (19.10.11, 11:59)
Epic Rap Battles of History
hier gibts die restlichen: http://www.youtube.com/user/nicepeter#p/c/505BA1F19CCEF7C2
by kritzikratzi (06.10.11, 14:07)

by hyperactive (27.09.11, 19:32)
die kamera gibt mir auch
den rest mit der rechten kamera halten, mit der linken...
by hyperactive (21.09.11, 16:44)
Miniatur Linz
by hyperactive (21.09.11, 14:30)
ich würd mir ohne
kamera in der hand schon in die hose scheißen.
by d_o_n (21.09.11, 13:47)
naja, vielleicht doch lieber
eine wanderung auf den pöstlingberg?!
by architektenfreund (20.09.11, 19:48)
Wie schauts aus mach ma
mal einen Ausflug :)
by hyperactive (20.09.11, 09:56)
rote couch in ansfelden herrscht
ein ganz eigener umgang mit dem thema letzte ruhestätte
by architektenfreund (15.09.11, 07:06)
letzte woche in venedig
The RocketSeahorseRide
by architektenfreund (14.09.11, 08:35)
jep vorallem auch sehr schönes
foto mit dem auto....
by d_o_n (05.09.11, 16:31)
meep meep
find ich sehr schön. leider schon etwas lädiert.
by architektenfreund (04.09.11, 17:53)
Tour de Force Größere Kartenansicht
Zürich Therme Vals (von Peter Zumthor) Mailand Nizza Cannes Saintes...
by hyperactive (18.08.11, 12:51)
Die Überschrift ist eh "Tour
de Force" und nicht "Urlaub" :)
by hyperactive (17.08.11, 14:35)
bezüglich der überschrift hättst du
lieber mal auf wikipedia den eintrag über urlaub gelesen: "Oft...
by d_o_n (17.08.11, 13:40)

In Antville kann man sogar beliebige Schriften einbinden Google Webfonts
by hyperactive (17.08.11, 09:54)
Soviel Urlaub krieg ich net
dass ich 3500 kilometer mit dem rad fahren könnt.
by hyperactive (14.08.11, 18:52)
Na das war nur unser
Frankreich Urlaub
by hyperactive (14.08.11, 18:44)
fährst mit dem rad?
by architektenfreund (14.08.11, 17:18)

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